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Neubau Bank für Tirol und Vorarlberg

Text Otto Kapfinger (gekürzt)

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Eine Handvoll Neubauten in Westösterreich demonstriert den Funktionswandel im Bankwesen. Nicht mehr der Kunde tritt im Regelfall an die hinter der Schalterbarriere stationierten Bankbeamten heran, sondern das Personal gesellt sich bei Bedarf zu den Kunden, die ansonsten nun selbstständig an frei im Raum  verteilten Automatenpulten agieren; für die komplexeren Vorgänge von Anlageberatung und dergleichen zieht man sich gemeinsam in die sachlich-wohnliche Atmosphäre von speziell abgeschirmten Räumen oder Beratungs-Inseln zurück. Pointiert gesagt: das marmorstrotzende und säulenbewehrte Schatzhaus mutiert zum transparenten Pavillon. Rein technisch könnte eine Bank heute durchaus nach der Metapher des „gläsernen, freundlichen Tresors“ gebaut werden. Dennoch braucht die menschliche Psychologie gerade in diesem Bereich einen Rest archaischer Konnotationen – Sicherheit, Abgrenzung, Solidität – um sich in unserem porös gewordenen Alltag noch zurechtzufinden.

 

So präsentiert sich die BTV im Ortskern, an der Hauptstrasse von Götzis, einerseits zurückhaltend, in gewisser Hinsicht fast hermetisch. Andererseits gibt der Bau klare Signale der Offenheit, der kontrollierten Kommunikation, der präzisen Durchlässigkeit. Der sandfarbene dreigeschossige Quader drängt sich nicht vor, tritt sogar etwas hinter die Flucht der Nachbarhäuser zurück, schafft damit eine dosiert spürbare Vorzone, bleibt zum südlichen Nachbarbau – entgegen der anfänglichen Absicht der Bauherrschaft – auf Distanz, öffnet damit die Durchblicke quer zum Strassenraum auf die östlich anschliessenden Gartenbereiche und den hier ansteigenden Hang, erreicht zugleich allseitige Belichtung für den Neubau und eine rundum attraktive Nutzbarkeit seiner Aussenräume, setzt so die traditionelle Körnigkeit der lokalen Baustrukturen fort und auch die generelle Typologie der kompakten, im Umriss minimierten Ein-Häuser der Region, interpretiert all dies aber in der Logik heutiger Materialien und Technologien.

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An der Strasse empfängt die Kunden eine über zwei Stockwerke hochgezogene Glaswand. Der Durchblick ist bis zum anderen Ende des Gebäudes freigelegt. Über eine hohe Vorhalle betritt man einen offenen Raum ohne sichtbare Schutz- und Sicherheitseinrichtungen. Der Kunden-Selbstbedienungsbereich gleicht einem rundum mit Holz ausgeschlagene Etui, von allen Seiten lichtdurchflutet, wohnlich wie eine alte Wälderstube, deren Innenhaut – Eichenboden, Wand- und Deckenplatten aus teilweise gelochten MDF-Elementen – analog zur Aussenwirkung des Gebäudes betont homogen, detailarm gehalten ist.

 

Im ersten Obergeschoss liegen Besprechungsräume, Arbeitsplätze und an der Nordseite eine Teeküche. Auch hier sind Durchblicke längs und quer im ganzen Gebäude möglich, mit Markisen variierbar; über Glas- bzw. Milchglasflächen kommunizieren z.B. Teeküche und vorderer Besprechungsraum mit der SB-Halle. Im 2. Obergeschoss folgen weitere Büros und das Chefzimmer am Ostende. Auf dieser Etage öffnet sich der Bau mit einem verglasten Laubengang nach Norden. Durch eine Glaswand auch vom grösseren Besprechungszimmer erlebbar, ist der Kubus westseitig schliesslich mit einem „japanischen“ Dachgarten zum Himmel hin aufgeschnitten. Von der Strasse aus wird dieser hochliegende „Hof“ durch den gerahmten Ausschnitt der Fassade spürbar – eine partielle Erosion des massiven Prismas, ein Leichterwerden nach oben, eine Antwort auch auf Massstab und Duktus der Nachbarbauten.

Bauherr

Bank für Tirol und Vorarlberg, Innsbruck

 

Architekt

Frei & Ehrensperger Architekten

Projektleitung: Roland Frei

Mitarbeit: Annibale Ceballos

 

Kenndaten

Grundstücksfläche: 954 m2

Nutzfläche: 790 m2

Bebaute Fläche: 271 m2

Umbauter Raum SIA: 683 m3 (SIA 416)

Baukosten: 2.8 Mio. CHF

 

Wettbewerb

1996, 1.Preis

 

Planung und Fertigstellung

1996 - 1998​

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Fotos

Bruno Klomfar

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