top of page

Alters- und Betreuungszentrum Rabenfluh

Im Fluss der Zeit

​

Das Fliessen des Rheins wird als Genius Loci entwurfsbestimmend. Auf den ersten Blick wirkt das Gebäude wie ein von Kinderhand mit Bausteinen aufgeschichtetes Spielhaus. Diese Assoziation ist gewollt, schliesst sich doch der Kreislauf des Lebens im Alter. In Neuhausen ist das Fliessen in Gestalt des Rheins physisch präsent. Deshalb richtet sich die Hauptfassade des neuen Alters- und Pflegeheims auf den Rhein hinaus. Das neue Haus soll den zukünftigen Bewohnern und Bewohnerinnen zur neuen Heimat werden, ein Heimcharakter soll vermieden werden. Ein neues, modernes Gebäude, aber auch ein Gebäude mit einer ausserordentlich angenehmen Wohnlichkeit soll entstehen. Das äussere Erscheinungsbild ist durch seine klare Kubatur geprägt. Gegen Süden kragen die Obergeschosse des viergeschossigen Baukörpers über das Erdgeschoss hinaus und markieren den wettergeschützten Eingang mit einer beschützenden Geste. Gegen Osten, mit Blick auf den Rhein, rhythmisieren die geschossweise versetzten, in den Baukörper eingelassenen Balkone der Zimmer die Fassade. Sie verspricht ein lebendiges Licht- und Schattenspiel. Das Erdgeschoss mit seinen öffentlichen Nutzungen öffnet sich in die Landschaft. Ein Oszillieren zwischen Höhle und Gartenpavillon. Ein Ort der Gegensätze: innen – aussen, hell – dunkel, hart – weich. Die Künstlerin Annelies Štrba hat diese Thematik aufgenommen. Im Erdgeschoss sind die transparenten Schiebegläser mit luftigen, leichten Blumenmotiven bedruckt und verleihen diesen Raumgrenzen eine mystische Tiefe. Auf den Wohngeschossen helfen die jedem Geschoss individuell zugeordneten Blumenmotive den Bewohnern, sich mit ihrem Geschoss zu identifizieren. Die Kunst von Annelies Štrba wird so zu einem integralen Bestandteil des Gebäudes.

 

Jedes Zimmer besitzt einen extrovertierten Balkon und eine introvertierte Erkerzone. Diese auf den fliessenden Rhein hin orientierten Raumzonen sind kontinuierlich miteinander verbunden und bilden eine Enfilade hinter der eigentlichen Fassade. Melodie und Rhythmus! Dadurch wird der Blickwinkel aus den Zimmern geweitet, das Fliessen des Rheins kann tatsächlich erlebt werden und gleichzeitig kann das Sonnenlicht zwei bis drei Stunden länger (je nach Jahreszeit) in die Zimmer fallen. Die Enge der Zimmer wird durch diese virtuelle Vergrösserung aufgebrochen, der bekannte Scheuklappeneffekt entfällt. Auch bettlägerige BewohnerInnen profitieren von dieser räumlichen Konstellation uneingeschränkt. Ebenfalls ergibt sich aus diesem Konzept die Möglichkeit zu sozialen Begegnungen von Zimmer zu Zimmer. Doch nicht jeder Bewohner mag darin eine Chance sehen. Unserer Meinung nach resultiert gerade daraus die moralische Verpflichtung des Architekten: er muss ermöglichen, dem Benutzer aber auch eine individuelle Wahlmöglichkeit anbieten. Daher kann jeder Bewohner den gewünschten Grad an Intimität durch textile Raumgrenzen wie Rouleaus oder Vorhänge selbst bestimmen. Es gibt in keinem Zimmer blendendes Gegenlicht, da gleichzeitig auch seitlich über die Raumzonen an der Fassade gedämpftes Licht in die Zimmer fällt. Der Raum weitet sich, der Bewohner fühlt sich nicht eingesperrt oder eingeengt. Er kann eine wohltuende Weite erleben.

Bauherr

Gemeinde Neuhausen am Rheinfall

 

Architekt

Frei & Ehrensperger Architekten

Projektleitung: Roland Frei, Rebecca Rossi

Mitarbeit: Silvia Weibel

 

Bauleitung

Frei & Ehrensperger Architekten, Zürich

Christoph Fey, Schaffhausen

 

Kenndaten

Grundstücksfläche: 12’260 m2

Geschossfläche: 4’930 m2

Umbauter Raum SIA: 14’500 m3 (SIA 416)

Gebäudeinhalt nach SIA: 16‘500 m3

Baukosten: 16.3 Mio. CHF

Nutzung: 50 Alterspflegezimmer (davon 20 für Bewohner mit Demenz), Öffentliches Restaurant, Cafeteria, Bar, Grossküche, Lingerie, Kapelle, Spitexeinrichtungen

 

Wettbewerb

2003, 1.Preis

 

Planung und Fertigstellung

2004 - 2008

​

Fotos

Guido Baselgia

bottom of page